KSV-Fans super in Form
DerbystimmungHofi starrt vor sich hin, betrachtet von seinem Stehplatz aus eher teilnahmslos die Szene unten am Zaun, wo einige Spieler und Fans mit ernsten Gesichtern versuchen, sich gegenseitig Trost zu spenden. Das traurige Ende eines Fußballtags im Auestadion, der eigentlich sehr stimmungsvoll und fröhlich für die KSV-Fans begonnen hatte.
Insbesondere für Markus Lämmer, den Fan-Beauftragten der Löwen. Schon um 8.30 Uhr waren Lämmer (Spitzname: Lämmi) und ein Dutzend seiner Mitstreiter der Fanklubs „Red White Stars", „Sascha-Metze-Klub" und „Amigos Kassel" ins Auestadion gekommen, um eine Choreographie vorzubereiten. Ziel ist es, die Arena zum Anstoß um 14.30 Uhr in ein rot-weißes Farbenmeer zu verwandeln. 1000 Luftballons in Herzform werden mit Helium gefüllt. Außerdem geht es darum, 5000 rote und weiße Fähnchen auf den Sitzschalen der neuen Osttribüne zu verteilen sowie ein Spruchband zu entfalten. Der Text: „Wir lieben Kassel, jawohl."
Die Mühe wird belohnt. Jedenfalls strahlen Lämmi und die Fans auf ihren gewohnten Plätzen in der Nord- und Ostkurve um die Wette, als die Ballons auf ein Startsignal hin in den Himmel aufsteigen. Auch Hofi ist da noch bester Stimmung, gibt den Takt vor für die Gesänge.
Und die vorwiegend jugendlichen Fans sind im Gegensatz zu den Spielern auf dem Rasen super in Form. Sie hüpfen und grölen unter der Regie von „Dudel", eines Fans mit Megaphon, der meist auf dem Absperrgitter sitzt, was die Kniegelenke und die Stimmbänder zulassen. Der KSV („Rot und Weiß - ein Leben lang") wird besungen, die Stadt Kassel und Nordhessen. Hin und wieder rufen die Fans auch wenig freundliche Botschaften Richtung Darmstadts Fans, die im Bereich der Südkurve untergebracht sind. „Absteiger", höhnen sie und freuen sich. Party-Stimmung.
Dann das 0:1 (30.). Die lautstarke Forderung der Fans an die Spieler: „Kämpfen Löwen, kämpfen!" sowie „Schießt ein Tor!". Dazu, klar, wird gehüpft. Das bringt die vor dem Block postierten rund 30 Polizisten auf den Plan. Bahnen sich Krawalle an? Jedenfalls beginnen sie, den ganzen Block per Videokamera zu filmen. Die prompte Antwort der Fans in Liedform: „Einmal winken für Polizei", singen sie, die Hände wie zum Gruß schwenkend.
Erst das 0:2 kurz nach der Pause dämpft die gute Laune. „Das war's wohl", meint Julia, die 18-jährige Schülerin, die zusammen mit ihrer Schwester Denise (15) seit geraumer Zeit ständige Begleiterin der Löwen ist. Dann neue Hoffnung. Julio Cesar wird eingewechselt, der Hoffnungsträger und Liebling der Fans. Es ist die 53. Minute und Dudel vorn auf dem Zaun wittert Morgenluft. Er führt sein Megaphon zum Mund: „Jetzt geht's los", brüllt er, und ein Teil der Fans stimmt ein. Sie sollten sich irren, denn es wird noch bitterer. Das 0:3 fällt, und jetzt fallen einige vom Glauben ab, singen „Wir haben die Schnauze voll."
Immerhin bleibt es im Fanblock ruhig. Keine provozierenden Gesten, kein Stress. Und irgendwann ziehen auch Hofi, Lämmi, Julia und Denise und alle anderen 750 Fans, die in den Block im Nordbereich der Ostkurve passen, von dannen. Auf ein Neues in 14 Tagen gegen Saarbrücken.
Von Ulrich Brehme
HNA-Sportredaktion
Dienstag, 10. April 2007
Veröffentlicht: 10.04.2007