Derby-Niederlagen sind immer bitter, keine Frage. Doch das was am Samstagnachmittag im Darmstädter Stadion am Böllenfalltor passierte, war für die Löwen und ihre Fans fast schon die Höchststrafe. Die scheinbar endlose Serie der denkwürdigen Derbys zwischen KSV und SVD fand für die Löwen diesmal eine tragische Fortsetzung.
Zunächst zur Kasseler Aufstellung. Die Löwen spielten erwartungsgemäß mit der Sieger-Elf vom letzten Mittwoch, also im 4-2-3-1, mit Tobias Damm in der Spitze. Thorsten Bauer und Sebastian Gundelach saßen auf der Bank, Michael Zepek und Mario Neunaber waren nicht im Kader, dafür aber U-19 Spieler Tim Knipping und Ture Ott aus der U-23.
Das Spiel startete für den KSV fantastischer als die größten Optimisten erhofft hatten. Nach drei Minuten schoß "Bobo" Mayer, die Löwen in Führung, in der neunten Minute erhöhte Rene Ochs auf 2:0. Die Nordhessen begannen konzentriert, hochmotiviert und glänzend auf die Darmstädter eingestellt. Die ersten Knackpunkte in dieser leidenschaftlich geführten Partie gab es in der zwölften und 15. Minute. Zunächst geht Tobias Damm frei auf das Darmstädter Tor zu, wird festgehalten, kommt zu Fall - Schiedsrichter Perl lässt weiter spielen. Nur drei Minuten später nimmt Enno Gaede kurz vor der Strafraumgrenze die Hände zur Hilfe - Schiedsrichter Perl gibt Rot. Mirko Dickhaut reagierte postwendend und beorderte Mentor Latifi in die Innenverteidigung, Gundelach kam ins Spiel und ging auf die rechte Außenbahn, Pokar musste aus taktischen Gründen vom Platz. Die Löwen nun also für 75 Minuten in Unterzahl. Darmstadt wurde immer stärker, warf alles nach vorne - war aber nur mit Schüssen aus der Distanz gefährlich. Der KSV kämpfte leidenschaftlich und hatte die Partie im Griff. Alleine in der 45. Minute stockte den Löwen-Fans der Atem, als Koitka nach einem Kopfball von Stark auf der Linie klären musste.
Der zweite Durchgang begann für den KSV mit einem Schock. Nach einer Flanke von Hesse behinderten sich Latifi und Hoffmeister unglücklich gegenseitig, Onwuzuruike nutzte die Situation und verkürzte auf 1:2. Der Minutenzeiger hatte die erste Umdrehung noch nicht hinter sich. Die vorher gefrusteten Darmstädter Zuchauer wachten nun auf, die Lilien bekamen immer mehr Aufwind. Das hatte Folgen: In der 55. Minute erzielte Heil mit einem sehenswerten Schuß den Ausgleich. Es kam wie es kommen musste. Zehn Löwen hatten gegen nun zeitweise entfesselt aufspielende Darmstädter nicht mehr viel entgegen zu setzen. Stark und Heil ließen die größten Möglichkeiten aus, die Löwen fanden im zweiten Durchgang im Spiel nach vorne nicht mehr statt. Den Spielern, die auf dem Platz standen, kann man dabei wenig Vorwürfe machen, sie kämpften und rackerten, hatten aber nicht mehr die Möglichkeiten, den Lilien-Express zu stoppen. Wenig glückliche Personalentscheidungen taten dazu ihr übriges. Dazu ging das Pech weiter. "Taka" Gundelach musste zwölf Minuten vor Spielende verletzt vom Platz getragen werden, zuvor bekam der die Knie eines Darmstäder Gegenspielers in den Rücken. Ins Spiel kam nun Thomas Brechler, Tobias Damm rückte weiter nach hinten auf die rechte Seite. Die fast 1.500 Löwen-Fans zitterten um das Unentschieden, das dem KSV aber wenige Augenblicke vor dem Schlußpfiff aus den Händen glitt. Der eingewechselte Ahanfouf schickte die Lilien-Fans in den siebten Himmel und die Löwen-Anhänger in die gefühlte Hölle. Doch damit war das Elend für die Löwen noch nicht vorbei. In der Nachspielzeit flog Benjamin Weigelt nach einem Frust-Foul an Amstätter nicht zu unrecht vom Platz.
Die nächsten Tage werden ohne Frage keine einfachen. Gaede und Weigelt fallen zumindest am kommenden Mittwoch in Karlsruhe gesperrt aus, ob der verletzte Gundelach mit dabei sein kann, muss sich zeigen.
Zum Schluß ein Muntermacher: Vor sieben Jahren lieferten sich Lilien und Löwen ebenfalls ein heißen Duell an der Tabellenspitze der damaligen Oberliga Hessen. Damals siegte der KSV in einem denkwürdigen Spiel mit 4:3 beim SVD. Doch am Ende lachten die anderen: der Aufsteiger 2004 kam aus Darmstadt.
Oliver Zehe /16.04.2010
Presseteam
KSV: Hoffmeister - Latif, Gaede, Grembowietz, Weigelt - Mayer, Asaeda - Koitka, Pokar, Ochs - Damm.
Ersatz: Formann - Bauer, Ott, Knipping.
Darmstadt: Zimmermann - Acar, Grüter, Islamoglu, Brüdigam - Hesse, Kolb, Stark, Onwuzuruike - Toch, Heil.
Ersatz: Samake - Sökler, Becker, Hänel.
Ausgewechselt: 20. Gundelach für Pokar, 55. Heussner für Koitka, 78. Brechler für Gundelach. - 37.Amstätter für Kolb, 68.Ahanfouf für Toch, 90. Brigache für Brüdigam.
Tore: 0:1 Mayer (3.), 0:2 Ochs (9.), 1:2 Onwuzuruike (46.), 2:2 Heil (55.), 3:2 Ahanfouf (88.).
Zuschauer: 8.100 - Schiedsrichter: Perl (Pullach).
Gelbe Karten: Stark, Amstätter, Grüter - Asaeda, Latifi, Mayer, Brechler.
Rote Karten: Gaede (15.), Weigelt (90 + 4.).
Veröffentlicht: 16.04.2011