"Der KSV soll zum Leuchtturm der Region werden"
Löwen Inside Interview mit Sören Gonther
Wieso bist du Fußballer geworden?
Schon als kleiner Junge wollte ich vor Menschen im großen Stadion spielen. Das hat mich immer angetrieben – und ich freue mich, dass ich das geschafft habe und nun auch so lange meiner Leidenschaft nachgehen konnte.
Das heißt, du hast deine Fußballschuhe im Profibereich komplett an den Nagel gehängt?
Ja. Ich wäre zwar heute noch gerne auf dem Platz, aber ich bin nun 36 Jahre alt, fühle mich körperlich aber deutlich älter. Mein Körper macht es schlicht und einfach nicht mehr mit, nach all den Jahren, in denen man ausschließlich auf dem höchsten Level funktionieren musste. Zugegeben bin ich nach 15 Jahren einfach mental müde.
Deine neue Aufgabe beim KSV ist die erste abseits des Platzes.
Für mich war immer klar, dass ich nach meiner aktiven Karriere im Fußballbereich bleiben möchte. Fußball war schon immer mein Leben. So habe ich BWL studiert. Nun kann ich alles Drumherum beeinflussen, bis die Jungs eben auf den Platz gehen. Da juckt es mich doch manchmal noch in den Fingern, die Schuhe zu schnüren. Aber ich möchte mich jetzt voll und ganz meiner neuen Aufgabe widmen.
Viele Spieler wechseln oftmals die Seite und probieren sich im Trainer-Dasein. Wie sieht es bei dir aus?
Ich habe beim DFB meine B+-Lizenz gemacht, möchte also nicht ausschließen, mal als Trainer zu arbeiten. Gerade jedoch sehe ich mich in dem großen Ganzen.
Zu Beginn hast du gesagt, dass du mit einer Vision nach Kassel kommst. Wie sieht die aus?
Ich möchte Hessen Kassel in Nordhessen und der gesamten Region etablieren. Der Verein hat das Potential, die Geschichte und auch die Infrastruktur gemeinsam mit der Stadt den Sprung in den bezahlten Fußball zu schaffen. Der KSV soll zum Leuchtturm der Region werden. Wir müssen beispielsweise dafür sorgen, dass die guten Jungs der Region nicht abwandern, sondern bleiben. Dafür ist noch eine Menge zu tun – sowohl strukturell, als auch im Jugend- sowie Frauenbereich. Ich möchte meine Erfahrung und Netzwerk nutzen, um diese Richtung anzupeilen.
Offiziell bist du seit Juli im Verein tätig, warst aber schon früher da. Um die Lage zu checken?
Wichtig war für mich, mir ein Bild von den Gegebenheiten zu machen und den Verein anders kennenzulernen. Ich bin ein Junge der Region, aber seit 16 Jahren weg. In dieser Zeit hat sich einiges verändert. Manchmal bin ich einfach durch die Stadt gelaufen und habe alles auf mich wirken lassen. Dabei habe ich vermehrt ehemalige Mitspieler getroffen – das war schön. So bin ich aber auch schnell wieder reingekommen.
Wie sieht dein Arbeitsalltag aus?
Ich arbeite im Büro, bin öfters am Trainingsplatz und nehme viele Termine wahr – beispielsweise auch mit Sponsoren unseres Vereins oder anderen Partnern rund um den KSV. Ich bin also super viel unterwegs. Das Handy ist immer mit dabei – auch im Urlaub. Ich muss immer flexibel sein, manche Mails müssen sofort geschrieben und manche Telefonate sofort geführt werden. Hessen Kassel ist also immer in meinem Kopf. Bei den Heimspielen sitze ich immer mit auf der Tribüne und fiebere mit – bei Auswärtsspielen bin ich ebenfalls mit von der Partie.
Neben deiner Aufgabe als KSV-Geschäftsführer bist du bei Sky als Zweitliga-Experte dabei.
Seit Januar bin ich sozusagen der „Auftaktsmann“ und bin beim jeweiligen Freitagsspiel dabei. Ich kenne die 2. Liga wie meine Westentasche, habe über zehn Jahre dort gespielt und habe Spaß daran, mich auch journalistisch weiterzuentwickeln. Ich bin froh, dass sich das mit meiner Arbeit beim KSV vereinbaren lässt – zumal es für die mediale Präsenz Kassels durchaus Vorteile haben kann.
Als wären zwei Aufgabenbereiche nicht schon genug, bist zu zudem für den VfB Schrecksbach spielberechtigt. Wie kam es dazu?
Es ist mein Heimatverein, mein Vater sitzt im Vorstand. Ab und zu möchte ich noch kicken – auch, wenn das keine Priorität ist. Daher habe ich meinen Spielerpass dort hinterlegt. Wann ich allerdings tatsächlich mal mit dem Team in der Kreisoberliga auflaufen werde, ist noch fraglich – momentan schaffe ich es nicht einmal zum Training.
Ein 24/7-Job, Sky-Experte, Familie – bleibt da noch Zeit für dich selbst?
Sehr wenig. Ich schaffe es gerade so ein, zwei Mal in der Woche laufen zu gehen. Denn: Einmal im Leben möchte ich einen Marathon mitlaufen. Vielleicht fange ich aber mit einem Halbmarathon an. (lacht) Momentan habe ich einfach zu wenige Zeit, um mich komplett zu entspannen. Wenn es die Zeit jedoch mal erlaubt, greife ich zu einem guten Buch – am liebsten Krimis oder eine Biografie – und trinke ein Glas Wein.
Zwei Spiele sind gespielt – ein Sieg, eine Niederlage. Wie blickst du der laufenden Saison entgegen?
Wir haben uns, im Vergleich zur vergangenen Saison, qualitativ verbessert. Wir sind jünger und schneller geworden, es herrscht ein größerer Konkurrenzkampf innerhalb des Teams. Zudem wurde das Trainerteam erweitert. Wir wollen wieder besseren Fußball spielen, die Fans begeistern und ins Auestadion holen. Das Auestadion soll eine Festung werden. Ich wünsche mir, dass die Jungs mit Selbstvertrauen in jedes Spiel gehen und erwarte, dass wir die Saison in der oberen Tabellenhälfte auf einem einstelligen Platz abschließen.
Das Spiel gegen Steinbach Haiger war …
… in fast allen Bereichen über einen langen Zeitraum sehr gut, aber zum Ende leider nur „lehrreich“.
Entweder oder …
Nutella mit oder ohne Butter?
Horrorfilm oder Komödie?
Selbst kochen oder Essen bestellen?
1 Tag am Strand oder 10 Tage in den Bergen geschenkt? „Sonne, Strand und Meer sind meine perfekte Vorstellung von Urlaub.“
Kino oder Couch?
Erst in die Verlängerung oder gleich ins Elfmeterschießen? „Elfmeterschießen ist wie Roulette spielen. Da habe ich lieber 30 Minuten, um die Entscheidung selbst herbeizuführen.“
Vielen Dank, Sören und viel Erfolg am Samstag im nächsten Heimspiel gegen die Stuttgarter Kickers!
Das Interview führte Celina Lorei.
Veröffentlicht: 15.08.2023