Matchball vertan - jetzt Schalter umlegen

FK Pirmasens - KSV Hessen 2:0 (0:0)
Nach zwei Auswärtssiegen in Folge und vier Spielen ohne Niederlage vergab der KSV Hessen beim 0:2 (Halbzeit 0:0) bei Mitaufsteiger FK Pirmasens einen "Matchball" zum Klassenerhalt. Der drei Runden vor Saisonende bereits als Absteiger feststehende Tabellenvorletzte FK Pirmasens, verdiente sich seinen siebten Saisonsieg vor der Minuskulisse von 800 Zuschauern redlich, während bei den Löwen, bei denen Oliver Adler (die personifizierte Power und Leidenschaft!) bester Akteur war, mit 43 Zählern zwar kein Bangemachen gelten sollte, doch: jetzt den "Schalter umlegen".
Lange Hinfahrt, lange Rückfahrt und … lange Gesichter im Löwen- Lager nach dem Abpfiff 90 abwechslungsreicher Spielminuten, an deren Ende die 12. Saisonniederlage (demgegenüber insgesamt 12 Saisonsiege, plus sieben Remis) für den KSV Hessen steht. Staus auf den jeweiligen Bus- Fahrten, Stocken und Sand im Getriebe auf dem Spielfeld. „Stopp und Go“ allenthalben! Feierten die Löwen noch im Hinspiel am 4. November 2006 im Auestadion einen hochverdienten 2:0- Heimsieg, revanchierte sich der FK Pirmasens diesmal gleichermaßen. Ein verdienter Sieg für den Mit- Aufsteiger, der zwar drei Spieltage vor Saisonende bereits als Absteiger in die Oberliga Südwest feststeht, in dieser Partie vor der FKP- Saisonminuskulisse von 800 Zuschauern jedoch mehr Aufwand betrieb und den Eindruck erweckte, den Sieg mehr zu wollen. Dafür gebührt dem Tabellenvorletzten – der nunmehr 28 Zähler auf dem Konto hat und trotz des Abstiegs eine beachtliche Rückrunde vorweisen kann - Anerkennung und Respekt!

Nächster Matchball am Samstag gegen Stuttgarter Kickers


Und die Löwen? 43 Punkte, seit Wochen der „gefühlte Klassenerhalt“, den Abstand zu den Abstiegsplätzen weiter gewahrt (derzeit fünf Zähler) – nach wie vor ein Polster, doch kein Ruhekissen…! Das wussten die Schützlinge von Trainer Matthias Hamann vor dem Spiel bei den Pfälzern und das wissen sie jetzt umso mehr. Es wurde ein „Matchball zum vorzeitigen Klassenerhalt“ vergeben, der nächste folgt am Samstag gegen den Tabellenfünften Stuttgarter Kickers (Auestadion, 14.30 Uhr), der nebenbei bemerkt, gerade mal zwei Zähler mehr zu Buche stehen hat. Ist schon eine paradoxe, spannende Liga- Situation beim Erwerb um den Klassenerhalt, wie eng alles zusammen liegt. Und den Löwen liegen – zumindest auswärts – die Mitaufsteiger nicht (in Reutlingen, Ingolstadt und Pirmasens gab es nichts zu holen).

Oliver Adler als Rückhalt und Vorbild

Umlegen sollten die Hamann- Schützlinge jetzt unbedingt „den Schalter“, damit sie das, was sie sich in ihrer Saison als Aufsteiger, in der bei der „Achterbahnfahrt“ das Positive überwiegt, aufgebaut haben, nicht noch „aus der Hand geben“. Denn in der haben sie es selbst nach wie vor. Daher gilt es bereits in der bevorstehenden Trainingswoche hochkonzentriert zu Werke zu gehen, um am Samstag gegen die Stuttgarter Kickers, wo die Löwen im übrigen beim 3:1- Hinspielsieg an jenem Mittwochabend im November ihre beste Saisonleistung ablieferten, von der ersten Minute an (!) alles, aber wirklich alles zu geben. Und alles zu geben, gilt dann auch für Alle! Einer machte es am Samstag im in 2004 erbauten Stadion am Sportpark „Husterhöhe“ allen vor: Oliver Adler! Mit 39 Jahren ältester Akteur auf dem Spielfeld und zugleich der beste auf KSV- Seite. Doch nicht nur wegen einiger Glanzparaden, die für Pirmasenser Zuschauer schon an Zauberei grenzten und die die ganz in weiß antretenden Gastgeber schier zur Verzweiflung brachten, nein…der Ex- Zweitligaprofi ist die personifizierte Power, versprüht Leidenschaft, zeigt Emotion vom Scheitel bis zur Sohle und ist der absolute Siegertyp und gar Antreiber. Ob verbal oder nonverbal! In Pirmasens umspielte Adler gar gegnerische Stürmer, trieb den Ball im Laufschritt mit dem Fuß (!) nach Vorne, um damit auch Zeichen, Signale zu setzen. Um einige Mitspieler wachzurütteln! Tausendsassa Adler! Der faire Sportsmann und Familienvater nahm auf der Pfälzer Höhe, wo nicht nur der Wind pfiff, sogar in Kauf, vom echauffierten Pirmasenser Publikum in der Schlussphase der abwechslungsreichen Partie zur Persona non grata bzw. zum Buhmann abgestempelt zu werden! Allerdings zu Unrecht, nachdem sich Olli Adler unrecht behandelt fühlte. Was war passiert?

Die Szene (oben im Foto im „Endstadium“): auf der Spielzielgeraden hatte der KSV, um den 1:1- Ausgleich zu erzielen, seinen Defensiv- Verband gelockert und lief Gefahr in Konter der Gastgeber zu geraten. So auch sechs Minuten vor dem Abpfiff, als der gerade eine Minute zuvor eingewechselte Heiko Bzducha frei aus 18 Metern zum Schuss kam und Oliver Adler sich wie ein Albatros ausbreitete, mit der rechten Hand gerade noch an den Ball kam, um auch vor dem heraneilenden Aleksandar Burch schneller beim Abpraller an der Lederkugel zu sein. Da Burch nicht zurückzog, obwohl die Nr. 15 der Pirmasenser erkennen konnte, dass Adler schnell am Ball ist, trieb das Oliver Adler in Rage. Burch sah daraufhin übrigens die gelbe Karte durch den souveränen Schiedsrichter Arno Blos aus Köngen, was halt von der Tribüne her Adler „zur Last gelegt wurde“. Doch Adler ist Profi genug, um das abzukönnen, wichtiger: hätte es nur an diesem Samstag mehr von dieser Leidenschaft, dieser Entschlossenheit, diesem Siegeswillen eines Oliver Adler gegeben.

Zu wenig von den Löwen in der 1. Halbzeit

Zum Spielverlauf! Trainer Matthias Hamann vertraute durch das weiterhin verletzungsbedingte Fehlen von Routinier und Regisseur Marc Arnold bei seiner Start-Elf auf die Formation vor einer Woche, bis auf den „Gelbsperren- Wechsel“. Daniel Beyer, der im Übrigen seinen Vertrag bei den Löwen um ein Jahr verlängert hat (inklusive Option um ein weiteres Jahr, wenn der KSV die Quali für die 3. Liga ab 2008/2009 schafft) hatte seine fünfte gelbe Karte „abgesessen“, während Denis Berger sie verbüßte. Beyer rückte auch auf die „Berger- Position“ ins linke offensive Mittelfeld, statt auf seiner gewohnten rechten Außenbahn zu spielen, was für den 24jährigen jedoch nicht völlig neu war, kam der Blondschopf bereits in der Hinrunde auch schon dort zum Einsatz, um von jener Seite aus ja auch das Siegtor beim 1:0- Heimsieg gegen Hoffenheim zu erzielen. Zumindest aus ähnlicher Position war auch das Führungstor in Pirmasens möglich, doch Beyer bekam bei seinem Rechtsschuss von halblinks zu wenig Druck hinter den Ball, sodass Schlussmann Steigelmann keine Mühe hatte. Es sollte die einzige nennenswerte Torchance der Löwen im ersten Spielabschnitt sein. Pirmasens war einfach präsenter, aggressiver, zweikampfstärker und kam vom Anpfiff weg besser ins Spiel. Allein Adler und der vielbeinigen Abwehr um Jubiliar Thorsten Schönewolf (200. Ligaspiel im Löwen- Dress) war es zu verdanken, dass es zur Pause 0:0 stand.

Im Grunde genommen „goldrichtig“ stand Daniel Beyer nach Wiederbeginn nach einer guten Freistoß- Hereingabe von Jan Fießer, doch dem 24jährigen fehlte in dieser Szene die „Tor- Galligkeit“, um freistehend am zweiten Pfosten einzuköpfen (48.). Es schien als seien die Löwen ebenso gut aus der Kabine gekommen wie zwei Wochen zuvor in Siegen, denn sogleich folgte die nächste Chance, als Mario Klinger vom Strafraum aus mit einem feinen Schlenzer, der für Steigelmann derart tückisch aufsetzte, dass der FKP- Keeper nachfassen musste, scheiterte (52.). Der beim Abpraller heranstürmende Torjäger Thorsten Bauer stand dann leider im Abseits. Doch der KSV blieb in dieser Phase dran und produzierte mit schneller Mittelfeld- Überbrückung nun gute Offensiv- Aktionen. So wäre nach einem gelungenen Doppelpass Jan Fießer fast frei durch gewesen und konnte nur durch ein Foulspiel von Patrick Hildebrand, der dafür die gelbe Karte erhielt, jedoch nicht letzter Mann war, unfair gestoppt werden (57.).

Jan Fießers Pech mit dem Pfosten

In dieser Kasseler Drangphase fiel – vom Zeitpunkt her – völlig überraschend das Führungstor der Gastgeber, ausgerechnet durch einen individuellen Abwehrfehler, sodass der gefährliche Stürmer Haas (spielte in der Hinrunde noch in Hoffenheim) Nutznießer eines Missverständnisses wurde und zum 1:0 abstaubte (60.). Postwendend folgte die KSV- Antwort und nach dem Patzer beim Gegentor, Pech vor dem gegnerischen Tor. Jan Fießer lupfte am Strafraum freistehend den Ball über Schlussmann Steigelmann, doch während viele Löwen schon jubelten, landete die Lederkugel am Pfosten (62.).

Im weiteren Spielverlauf bäumten sich die Löwen zwar auf und wollten den Ausgleich, doch es fehlte die Durchschlagskraft und konstruktiver Spielaufbau, Offensivdruck über die Außen, während Pirmasens permanent durch Konteraktionen gefährlich vor dem aufmerksamen Adler auftauchte.

Zwei gute Gelegenheiten sollten die Löwen noch haben: Nach feiner Einzelaktion im gegnerischen Strafraum durch Mario Klinger, kam der Ball zum eingewechselten Arne Schmidt. Das KSV- Talent schien jedoch so überrascht, dass ihm der Ball freistehend aus aussichtsreicher Position versprang (67.). Überrascht schien auch Thorsten Bauer, der in der 76. Minute nach einer strammen Eckball- Hereingabe von Jan Fießer und „Kopfballwischer“ des eingewechselten Julio Cesar da Rosa zentral vor dem Tor aus fünf Metern den Ball – eher per Reflex – über das Tor beförderte. Mit Murat Turhan kam ein dritter Stürmer für die Schlussphase, doch obwohl sie weiter ihre Ausgleichschance suchten, zerstörte Sebastian Reich nach einem Konter mit einem gefühlvollen Heber aus 16 Metern zum 2:0- Endstand (89.) alle KSV- Hoffnungen auf einen Punktgewinn, sodass es anhält…das lange Warten auf den endgültigen Klassenerhalt.

Herbert Pumann


Kommentare der Trainer auf der Pressekonferenz:

Andreas Kamphues (FKP): „Respekt und Hochachtung für meine Mannschaft. Vor allem für die Leistung in der ersten Halbzeit. Jeder unserer zehn Feldspieler wollte den Ball, war siegeshungrig und engagiert.“

Matthias Hamann (KSV): „Ein gutes Spiel, vornehmlich von Pirmasens. Wir sind zu nonchalant ins Spiel gegangen und konnten den Schalter im Spiel nicht umlegen, was auch schwer ist, wenn ein Spiel von Beginn an so verläuft. Der Gegner hat uns eines besseren belehrt, hat eine sehr gute Rückrunde gespielt und trotz des Abstiegs heut nichts abgeschenkt. Ich habe meine Mannschaft in der Halbzeitpause ermahnt. Wir hatten einige Spieler, die waren heut regelrecht erschrocken, als der Ball in ihre Nähe kam. Es ist ein glücklicher, doch hoch verdienter Sieg des FKP“.

SPIEL- SCHEMA:

FK Pirmasens: Steigelmann – Falkenmayer, Kriegshäuser, Hildebrandt, Lechner – Zellner, Baum – Burch, Weißmann (80. Bzducha), Reich – Haas (68. Carvalho). Trainer: Kamphues.

KSV Hessen:
Adler – Gölbasi, Schönewolf, Suslik, Kümmerle – Dickhaut (80. Turhan), Klinger – Aksoy (63. Schmidt), Fießer, Beyer (69. Cesar da Rosa) – Bauer. Tainer: Hamann.

Schiedsrichter:
Arno Blos (Köngen) – Zuschauer: 800

Tore: 1:0 Haas (60.), 2:0 Reich (89.)

Gelbe Karten: Weißmann (53.), Hildebrandt (57.), Burch (85.) alle Foulspiel. –

KSV: keine

 

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Veröffentlicht: 12.05.2007

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Datum des Ausdrucks: 06.10.2024