Freudenstein neuer KSV-Coach
ENTLASSUNG ROGGENSACK
„Die Entscheidung zur Trennung von Roggensack ist uns wirklich sehr schwer gefallen, denn eigentlich hat die Mannschaft den Trainer auf dem Gewissen“, erklärte KSV-Klubchef Jens Rose den gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat gefassten Entschluss. Den Ausschlag für die Entlassung des 38-jährigen Westfalen gab, so Rose: „Dass wir den Eindruck haben, er konnte die Mannschaft zuletzt nicht mehr richtig motivieren.“
Die Entscheidung, die Führungsaufgabe der zuletzt desolat auftretenden Löwen-Truppe bis zum Saisonende dem Ex-Spieler Thomas Freudenstein zu übertragen, ist eine echte Überraschung. „Thomas Freudenstein war ein Publikumsliebling, und er ist eine echte Integrationsfigur für den Verein. Daher trauen wir ihm auch diese Aufgabe im Zusammenspiel mit Holger Brück zu“, begründete Rose die Neubesetzung des Trainerstuhls.
Eine heikle Aufgabe für den 41-jährigen Freudenstein, der mit seinem Engagement absolutes Neuland betritt. „Ich habe zwar unter etlichen Trainern gespielt, habe aber keinerlei Erfahrung als Trainer“, gab der aus Maden stammende Ex-Profi in einem Gesprach gegenüber unserer Zeitung zu. Befürchtungen, unter dem Druck der Verantwortung zu versagen, hat er nicht. „Ich traue mir durchaus zu, eine Mannschaft zu führen. Und dass mir dabei Holger Brück zur Seite steht, macht die ganze Sache natürlich um vieles leichter“, erklärte der ehemalige Mannschaftskapitän, der bis zum Mai 2001 selbst noch das Löwen-Trikot in der Bezirksoberliga getragen hatte.
Erst in der vergangenen Woche kam Thomas Freudenstein von einem 17-monatigen Asien-Trip zurück nach Nordhessen. „Daher bin ich gut erholt. Wenn ich mich nicht stark genug fühlen würde, dann hätte ich auch Nein gesagt“, sagte der neue Löwen-Coach nach Annahme der KSV-Offerte.
Eine Lösung für das sportliche Dilemma der KSV-Elf hatte er gestern verständlicherweise noch nicht parat. Freudenstein: „Ich besitze aber noch den nötigen Background im Verein. Deshalb habe ich in den vergangenen Tagen so viel gehört, dass mir die Ohren klingeln“. Aber auf eine Sache legt sich der neue sportliche Leiter bereits fest: „Für das kommende Spiel in Erzhausen wird es auf den Positionen sicherlich personelle Umstellungen geben.“
Das könnte dann auch Andreas Mayer betreffen, der gestern vom Trainerwechsel überrascht wurde. „Es ist ein Schock, das zu hören. Ich hätte mit Trainer Roggensack gerne die Serie zu Ende gespielt“, meinte der KSV-Kapitän. Dabei betonte Mayer nochmals, „dass wir als Mannschaft den Trainer abgesägt haben. Es war und ist unsere Schuld, die wir eigentlich wieder ausbügeln wollten.“ Zum Nachfolger selbst wollte sich Mayer gestern nicht äußern, „weil ich Thomas Freudenstein überhaupt nicht kenne“. Dass sich mit dem Führungswechsel der Druck auf die Mannschaft erhöhen wird, glaubt der Mannschaftsführer nicht. „In der Pflicht standen wir schon seit langem. Wir müssen jetzt sehen, dass wir uns rasch an einen Tisch setzen, um die Vielzahl kleiner Probleme auszuräumen, um wieder zu einer echten Mannschaft zusammenzuwachsen.“
<b>Foto Herzog:</b> Stretching zum Auftakt: Neu-Trainer Thomas Freudenstein (vorne) im Kreis der Löwen-Spieler gestern Abend auf dem Trainingsplatz an der Damaschkestraße.
<b>ZUR PERSON</b>
Thomas Freudenstein, 41 Jahre, begann im Alter von sieben Jahren mit dem Fußballspiel. 1980 mit 18 Jahren Wechsel in die A-Jugend des KSV Hessen. Drei Jahre in der Amateurmannschaft des KSV. 1984 von Jörg Berger in die erste Mannschaft geholt. Von 1987 bis Januar 1989 bei Hertha BSC Berlin (Oberliga und 2. Liga). Januar 1989 zurück zum KSV Hessen. Danach Spieler des FSV Kassel. Von 1998 bis 2001 Spielmacher und Mannschaftskapitän der Löwen.
<i>Von Rolf Wiesemann
(HNA-Sportredaktion, 01.04.03)</i>
KOMMENTAR
<span class='smallfett'>Rolf Wiesemann über den KSV-Trainerwechsel</span>
Bei diesem Trainerrausschmiss verlieren fast alle. Der geschasste Oliver Roggensack, weil er gescheitert ist. Die Löwen-Spieler, weil sie unter Druck versagt haben. Und auch die Kasseler Vereinsführung, die mit ihrem vollmundig erklärten Aufstiegsziel Schiffbruch erlitten hat.
Der Schock, die greifbar nahe Meisterschaft in zwei Spielen verschenkt zu haben, sitzt tief. Mit der Hauptgrund für die schnelle Trennung vom Trainer. Was bleibt, ist ein großer Scherbenhaufen an zerbrochenen Ideen, Idealen und Visionen. Gut, dass er jetzt schnell zusammengekehrt wurde.
Der KSV Hessen ist damit aber nicht am Ende. Er steht vor einem Neubeginn - mit unbestimmtem Ausgang. Genauso wie der Roggensack-Nachfolger Thomas Freudenstein. Lobenswert sein Mut, das heiße Eisen anzupacken, denn das Risiko, sich daran zu verbrennen, ist riesengroß.
Freudenstein bleiben zwei Monate Zeit zu zeigen, dass er nicht nur ein zufälliger (und sicherlich auch preiswerter) Notnagel ist, sondern ein echter Stabilisationsfaktor. Eine heikle Aufgabe, um die er nicht zu beneiden ist.
<i>(HNA-Sportredaktion, 01.04.03)</i>
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Veröffentlicht: 01.04.2003