KSV will weiter jubeln
KSV Hessen - SV Wehen
Wenn die Fans der Heimmannschaft fast über die gesamte Dauer eines
Fußballspiels schimpfen, wenn viele von ihnen vorzeitig das Stadion
verlassen, wenn in den Innenräumen Verantwortliche, Sponsoren und
Freunde der Heimmannschaft ratlos das Spiel analysieren, dann hat der
Gegner alles richtig gemacht. Am Mittwochabend spielten sie in
Stuttgart nach der Pressekonferenz Trauermusik - viel mehr Anerkennung
für den Gast kann es eigentlich gar nicht geben.
Viel mehr Anerkennung für den Fußball-Regionalligisten KSV Hessen
Kassel, der zuvor mit seiner besten Saisonleistung die Stuttgarter
Kickers in Degerloch demontierte. 3:1 - den Löwen war anschließend ganz
und gar nicht nach Trauermusik. Sie jubelten mit den Fans, freuten sich
über die Rückkehr in die erste Hälfte der Tabelle und auf die kommende
Aufgabe. Die heißt: Heimspiel gegen den Spitzenreiter SV Wehen morgen
ab 14.30 Uhr im Auestadion.
Der KSV wird sie mit viel Selbstbewusstsein angehen. Und wenn einer
dieses Selbstbewusstsein derzeit verkörpert, dann ist das Daniel Beyer:
In Stuttgart bereitete er das 1:0 durch Christoph Keim vor, das 2:0
machte er selbst - mit einem Schuss aus 25 Metern. „Gegen Wehen haben
wir nun nichts zu verlieren“, bemerkte er. Und es hörte sich nicht wie
die Floskel eines abgeschlagenen Tabellenletzten an.
„Die Mannschaft liegt am Boden. Wer Lust hat, von oben draufzuhauen, kann das gerne tun.“
Robin Dutt, Trainer der Stuttgarter Kickers
Nein, der KSV ist nun Siebter, hat sogar wieder Tuchfühlung nach oben.
Nach den jüngsten zwei Siegen spricht auch Trainer Matthias Hamann
davon, dass er mit seiner Mannschaft gegen den Tabellenführer unbedingt
punkten will.
Die Voraussetzungen sind geschaffen: Nach dem Spiel in Stuttgart
reisten die Kasseler noch nach Kirchheim, um sich am Seepark zu
regenerieren und sich auf die Begegnung morgen vorzubereiten.
Von den Eindrücken dort wird Hamann auch seine Mannschaftsaufstellung
gegen Wehen abhängig machen. Viel hängt davon ab, ob Spielmacher Marc
Arnold nach seinem Innenbandanriss wieder fit ist. Gegen Stuttgart wäre
sein Einsatz noch zu früh gekommen. „Das wollten wir ihm nicht
zumuten“, sagte Hamann. Er überlässt nun Arnold selbst die
Entscheidung, ob er morgen aufläuft oder nicht.
Tut er das nicht, wären ein System und eine Taktik wie am Mittwochabend
in Stuttgart denkbar. Dort gingen Hamanns Überlegungen voll auf: ohne
Spielmacher, dafür mit zwei starken Mittelfeldspielern auf den
Außenpositionen und zwei Stürmern, die stets Unruhe verbreiteten - und
die Stuttgarter Dreierkette in der Abwehr unter Dauerdruck setzten. So
könnte es auch gegen Wehen funktionieren. Kein Gedanke an Trauermusik.
Von Florian Hagemann
HNA-Sportredaktion
Freitag, 10. November 2006
Veröffentlicht: 10.11.2006