Bittere Wahrheit und Tatsachen
KSV Hessen - SV Bernbach 0:3 (0:2) Yalcin Yaman, bis dato (wenn auch zum Teil verletzungsbedingt) gerade mal ein Tor auf dem Konto, war mit seinen drei Treffern in der 11., 16. und 52. Minute der gefeierte Akteur beim Klub aus dem kleinsten Oberliga-Ort. Der KSV Hessen rutscht mit der vierten Heimniederlage in 2004/2005(vor der Saison-Minuskulisse von 600 Zuschauern im Auestadion) auf Rang 13 ab und zehrt dabei noch von seinem 8:1-Kantersieg gegen Aschaffenburg vom 28. August, dass die Sturm-Mannen nicht auf einem Abstiegsplatz liegen."Das darf nicht wahr sein," war es an diesem für die Löwen mehr als betrüblichen 23. Oktober 2004 von nicht wenigen Zuschauern und Vereins-Verantwortlichen zu vernehmen.
Doch: es ist, es war wahr - bittere Wahrheit.
Die Schonzeit samt menschpsychologischer Erklärungen im Sport und Fußball ist vorbei: die Darbietung am Samstag war eines KSV Hessen nicht würdig! Das Auestadion verkommt bei nunmehr bereits vier Heimniederlagen (allesamt ohne eigenen Torerfolg!) zum "Selbstbedienungsladen" für Gast-Teams und einzelne Spieler (diesmal: der dreifache Torschütze Yalcin Yaman). Das Ergebnis und die Tatsache, dass der Sieg des bisherigen Tabellenletzten SV Bernbach verdient war, spricht ohnehin für sich!
Dabei fing die Partie - auch nichts Neues - gar vielversprechend für die Löwen an. Der zuletzt zurecht hochgelobte Tobias Nebe luchste am gegnerischen Strafraum einem Bernbacher den Ball ab, brachte sich in günstige Schußposition und zog mit strammen Rechtsschuß aus 20 Metern ab. Keeper Rohrbach mußte da schon nachfassen (7.). Nur eine Zeiger-Umdrehung später: Thorsten Bauer über links mit links im Strafraum - diesmal Rohrbach ohne Mühe. Der SV Bernbach suchte samt Viererabwehr-Kette sein Heil erwartungsgemäß in der Defensive und wagte nach elf Minuten erstmals einen Ausflug in des Gegners Hälfte. Mit fatalen Folgen für den KSV Hessen: defizitäres Defensivverhalten der Löwen, konsequent ausgenutzt von Yalcin Yaman, der einen Paß von Marco Roth II aufnahm und urplötzlich allein auf Keeper Zoran Zeljko zusteuerte, um diesem keine Abwehrchance zu lassen (11.). Damit nicht genug, denn nur fünf Minuten später landete Bernbachs Nr. 18 seinen Doppelschlag, als die Löwen wiederum nicht im Bilde waren und der Gäste-Torschütze vom Dienst freistehend einschob. Zwei Torchancen der Gäste in Halbzeit Eins, zwei Treffer = optimale Ausbeute!
Bemerkenswert, dass gerade nach diesem "Tore-Spuk" nicht wenige Löwen-Fans lautstark ihr Team aufmunternten, unterstützten. Doch was war los mit der Elf um den unermüdlichen, doch glücklosen Thorsten Schönewolf?
Zu wenig Biss, zu viele Alibi-Aktionen! Zu viel Einzelaktionen und Stückwerk statt Teamwork und mannschaftlicher Geschlossenheit!
Zu wenig Anspielstationen, zu viele Fehlpäße!
Zu hoch die Anspiele, zu niedrig die "Empfangs-Quote", wobei nicht allein der jeweilige Paßgeber verantwortlich zu machen war/ist...! Wo blieb das Flügelspiel gegen diesen vielbeinigen Gegner, der sich hinter der Mittellinie - aus seiner Sicht verständlich - "verschanzte".
Wo blieben Inspirationen, Ideen, Impulse? Wo waren in der ersten Halbzeit Spielmacher Slawomir Chalaskiewicz und Julio Cesar da Rosa, der wiederholt in seinen Duellen "zweiter Sieger" blieb? Wer übernahm überhaupt Verantwortung? Wo war der Kopf, sodaß mancher nach Spielschluß einen Hals bekam...!
"Das, was in der ersten Halbzeit passierte, dafür muss ich mich fast schon für die Leistung der Mannschaft bei den Zuschauern entschuldigen,"wollte auch Trainer Bernd Sturm nichts beschönigen.
Im Vorjahr war noch besonders auf "Chala" und Torgarant Thorsten Bauer Verlass, doch allein die derzeitige Misere auf deren beider Schulter zu lasten, wäre fatal und schlichtweg zu einfach. Bauer und Chalaskiewicz rennen und rennen zumindest, wenn auch ihrer Form hinterher. Symptomatisch jene Szene des Stürmers in der 35. Spielminute: Artur Tews, dem durchaus einige gute Aktionen gelangen, "stiebitzte" rechts an der Strafraum-Umrandung einem SV-Akteur den Ball weg, flankte mustergültig an den Fünf-Meter-Raum, wo Thorsten Bauer bei seinem Hechtkopfball in der Kür überzeugte, jedoch die Pflicht versäumte. Der Ball ging knapp über das Gäste-Gehäuse.
Dass sich in dieser bis dato so verkorksten Saison schließlich auch noch Pech als Wegbegleiter hinzugesellten, kam erschwerend dazu. Geschehen in der 38. Minute, als ein Anschlußtor gerade psychologisch so wertvoll gewesen wäre (siehe vor einer Woche in Bad Vilbel, wenn auch für den Gegner...!). Nach der vierten Ecke hatte Thorsten Bauer klug Tobias Nebe aufgelegt, dessen verunglückter Schuß den aufgerückten Thorsten Schönewolf derart überraschte, dass der KSV-Kapitän aus sechs Metern Ball und somit das Tor verpaßte. Statt mit einem 1:2 in die Kabine zu gehen, blieb der 31jährige dann selbst dort. Grund und erste Diagnose: Zerrung im Oberschenkel.
Routinier Sven Teichmann rückte auf die zentrale Abwehrposition und für Matthias Rudolph bot Trainer Bernd Sturm mit Jörg Odensass einen dritten Stürmer auf. Der Torerfolg kehrte jedoch auf der anderen Seite ein. Thorsten Bauer hatte im eigenen Strafraum geklärt(!), doch auf der 16-Meter-Linie schien niemand für Miloloza verantwortlich zu sein, der direkt abzog und am reaktionsschnellen Zoran Zeljko scheiterte. Hatte der KSV-Keeper den Ball noch an den Pfosten gelenkt, so erfreute sich folglich auch Milolozas-Sturmpartner Yaman großer Freiheit und "staubte" zu seinem dritten Treffer an.
Postwendend hatte "Chala" nach einem zunächst verunglückten Freistoß Pech im Nachschuß, als Rohrbach den Distanzschuß gerade noch parierte. Für den Polen im Löwen-Dress zumindest eine Art Initialzündung, denn der demnächst 41jährige wollte sich sichtlich nicht mit der Niederlage abfinden, erhöhte seine Lauf- und Anspiel-Bereitschaft, blieb jedoch uneffektiv und ohne Nutzen.
Letzteres galt auch für die Löwen insgesamt an diesem Tag und so blieb ihnen trotz steten Bemühens in der Schlußphase durch Odensass (nach Cesar-Flanke, 85.) und Bauer (nach Beyer-Hereingabe, 87.), die beide per Kopf das Tor verfehlten, gar der Ehren-Treffer versagt.
Ehrenvoll war durchaus die zwischenzeitliche, lautstarke Unterstützung der Fans, wenn auch eine Minderheit sich derart daneben benahm, dass manche KSV-Spieler (zum Selbstschutz!) nach dem Abpfiff gar "Angst und Ablehnung verspürten" in die Fan-Kurve zu gehen.
Fazit: die indiskutable Leistung erfordert jetzt Klartext, insbesondere kluge KSV-Köpfe mit Durchblick und Rückgrat sowie durchdachten, konsequenten Maßnahmen und vor allem Veränderungen, denn das vom Samstag gegen Bernbach, "das darf nicht wahr sein/bleiben...!"
<b>SV-Bernbach-Trainer Ronald Borchers</b>(bestritt als aktiver Profi von 1975-1987 insges 213 BL-Spiele für Eintracht Frankfurt, Arm. Bielefeld,Waldhof Mannheim):
"Ich kann nachvollziehen, was derzeit beim KSV Hessen los ist. Wenn du mal in solch einer Negativ-Spirale drin bist, ist es im Sport und Fußball schwer, da wieder und schnell raus zu kommen. Wichtig ist vor und trotz allem Geduld! Wer weiß wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn Thorsten Bauer in der ersten Halbzeit getroffen hätte?"
<b>KSV Hessen</b>: Zeljko - Radler, Schönewolf (46. Teichmann), Keim - Tews, Nebe, Busch (83. Beyer), Chalaskiewicz, Rudolph (46. Odensass) - Cesar, Bauer. Trainer: Sturm.
<b>SV Bernbach</b>: Rohrbach - Neis, Marco Roth I, Bley, Kraft - Steudter, Biehrer, Marco Roth II (75. Oteng), Karagiannis - Yaman (80. Yasuf), Miloloza. Trainer: Borchers.
<b>Schiedsrichter</b>: Iaccarino (Schwanheim) -
<b>Zuschauer</b>: 600
<b>Tore</b>: 0:1 (11.), 0:2 (16.), 0.3 (52.) alle Yaman.
<i><b>Herbert Pumann</b>
Veröffentlicht: 23.10.2004