Punkte, Handys, Wertsachen und gar Fußballschuhe weg

SV Erzhausen - KSV Hessen 2:1 (1:0)
Das Saison-Wechselbad der Emotionen beim KSV Hessen fand in Erzhausen seine Fortsetzung. Im Spitzenspiel gab es bei der heimstarken Elf (nur eine Niederlage in 2004 - Anm.: gegen Darmstadt 98) von Trainer Thomas Epp mit dem 1:2 die erste Löwen-Punktspielniederlage in diesem Jahr auf des Gegners Platz. Und während Christoph Keim dabei gar vorzeitig in die Kabine musste, hatten sich dort die Diebe bereits "aus dem Staub" gemacht. Ein Fall für die Polizei!
Gastspiele in Erzhausen sind für den KSV Hessen denkwürdige Spiele. Doch während im vergangenen Herbst nach dem phänomenalen 5:4-Sieg an gleicher Stätte ein "Ende gut, alles gut" zu vermelden war, galt an diesem 1. September-Tag 2004: "Ein Unglück kommt selten allein".
Ein Galgen-Humorist könnte bemerken: "Da wurde Erzhausen für die Löwen zu Schmerzhausen."
Sportlich betrachtet war da zunächst die 1:2-Niederlage beim selbsternannten Mitfavoriten um den Aufstieg, dazu die mehr als fragwürdige Rote Karte für den bis dato unbescholtenen Christoph Keim und dann das blanke Entsetzen der Mannen um Kapitän Thorsten Schönewolf beim ohnehin schon bitteren Gang in die Kabine: Handys, Bargeld, Wertsachen und gar zwei Paar Fußballschuhe waren geklaut worden. Die Nachrichten-Übermittlung, dass Mitkonkurrent Eschborn (6:2 in Baunatal) und Tabellenführer Flieden (4:0 gegen Bernbach) Kantersiege eingefahren hatten, liess diesen Tag bei allen Beteiligten nunmehr vollends "aus dem Kalender streichen".
Doch der Termin-Kalender wollte es so - 6. Spieltag:
SV Erzhausen kontra KSV Hessen Kassel. Auch in der dritten Neuauflage kein Spiel für schwache Nerven und wiederum eine knappe Angelegenheit, doch nach den 1:0- und 5:4-Siegen der Vorjahre hatten diesmal die Kicker aus dem Darmstädter Vorort das Happy-End auf ihrer Seite.
KSV-Coach Hans Ulrich Thomale hatte die erfolgreiche "Aschaffenburger Anfangsformation" aufgeboten, während sein Pendant Thomas Epp - verletzungs- und wohl auch leistungsbedingt (bereits 2 Saisonniederlagen plus 1 Remis daheim gegen Klein Karben) einige personelle Umstellungen vornahm. Überhaupt hatten die von vielen Oberliga-Trainern nach Eschborn und Kassel hoch gehandelten Gastgeber in dieser Saison laut den Verantwortlichen nur ein Mal richtig überzeugt. Und zwar Ende Juli beim Kreispokalfinalsieg über Regionalliga-Aufsteiger Darmstadt 98. Da kam dem SVE diesmal ein Gegner, der wie der KSV die Offensive sucht, gerade recht.
Neuzugang Daniel Beyer gab denn auch gleich die Richtung vor, seine beiden Rechtsschüsse verfehlten jedoch das Tor (3.) bzw. hatten in einem Fall für SVE-Keeper Marco Reichel "Warmschuss-Charakter" (9.).
Was folgte war eine Schlüsselszene dieser laut Coach Epp "sensationellen Partie". Thorsten Bauer flanke klug von rechts auf "den langen Pfosten", wo der einköpfbereite Julio Cesar von seinem kompromißlosen Widersacher Kai Uwe Giersch weggeschubst wurde (10.). Die Pfeife von Schiedsrichter Viktoria aus dem mittelhessischen Siegbach blieb stumm, Julio wurde laut und bekam fortan vom Unparteiischen unmißverständlich zu verstehen, wer hier das sagen hat...!
Erzhausen - bis dato abwartend - war die aus den letzten Spielen resultierende Verunsicherung anzumerken, doch der KSV muss sich den Vorwurf machen, bis zur Pause nicht weiter und vor allem zwingend agiert zu haben.
Die Gastgeber zogen ihre Trumpfkarte - Weitwerfer Peter Riedl. Durch seinen weiten Einwurf wurde es nach 23 Spielminuten erstmals brenzlig im Löwen-Strafraum, als sich die "Riedl-Schleuder" durch die KSV-Deckung zog und Zoran Zeljko gerade noch gegen Ispir klären konnte.
Ein zweites Mal nicht "im Bilde" war die Gäste-Abwehr als ein schon geklärt scheinender Riedl-Einwurf wie ein Boomerang zurück kam. Der umsichtige Manndecker Oliver Schulz brachte den Ball diagonal halbhoch von rechts herein und links war Erwin Bradasch von den Löwen irgendwie vergessen worden. Der Mittelfeldspieler ließ sich nicht lange bitten und Zoran Zeljko aus 12 Metern mit strammen Linksschuß zum 1:0 (33.) keine Chance.
Kurz vor der Pause dann noch mal "Alarmstufe 1" als der spielstarke SVE seine beste Kombination des Spiels präsentierte. Isaac Ojigwe drang von links in den Strafraum ein, passte auf Stanko Parlovic, der über Erwin Bradasch auf Peter Riedl...doch mit dem Fuß-Abschluss klappte es nicht so wie beim Einwurf!
Chance versiebt, Durchatmen beim KSV. PAUSE!
Die 2. Halbzeit passte ins Bild dieses aus Löwen-Sicht verkorksten Mittwochabends. Mit Wiederanpfiff verpasste der fast übermotiviert scheinende Sven Teichmann mit fulminantem 20-Meter-Freistoß nur knapp das SVE-Tor und somit den Ausgleich, doch statt einer Signalwirkung schlug es prompt postwendend auf der anderen Seite im Netz ein.
Der drangvolle Stürmer Parlovic setzte sich über links im KSV-Strafraum gekonnt durch, legte mustergültig Libero Michael Pereira auf und der SVE-Kapitän vollendete volley zum 2:0 (47.).
Ein psychologisch denkbar ungünstiger Zeitpunkt für die Löwen um den nachwievor wegen seiner Rippenprellung gehandicapten Spielmacher Chalaskiewicz, die sich allesamt dennoch aufbäumten. Das Engagement nahm zu, die Härte auch.
Eine kurzzeitige Kartenwelle folgte, dessen "Opfer" schließlich der bis dato unbescholtene Christoph Keim wurde. Wäre zuvor bei Teichmanns überhartem Einsteigen gegen Spielmacher Islam Ispir "rot" durchaus vertretbar gewesen, so war diese Farbe beim Duell zwischen Keim und Simon mehr als fragwürdig.
Inzwischen hatte KSV-Trainer Hans Ulrich Thomale mit Jörg Odensass und dem wiedergenesenen Carsten Schönefeld zwei frische Offensivkräfte gebracht.
Schönefeld war es auch dank seiner Freistoß-Qualitäten vorbehalten, Torjäger Thorsten Bauer (per Kopf) zum vierten Saisontor und zugleich 1:2-Anschlusstreffer zu verhelfen (80.). Die dezimierten Gäste bewiesen Moral und gingen in der turbulenten, nervenaufreibenden Schlußphase totales Risiko, wobei Simon (Zeljko hält, 86.) und Routinier Maier (Pfosten, 90.) bei Kontern die endgültige Entscheidung zugunsten des SVE auf dem Fuß hatten.
So wurde die dreiminütige Nachspielzeit für die Gastgeber noch zur Zitterphase.
Längst hatte sich KSV-Keeper Zoran Zeljko mit in den gegnerischen Strafraum eingeschaltet, verpasste eine Freistoßhereingabe von Schönefeld um Haaresbreite, irritierte dabei jedoch den dadurch hinter ihm lauernden, überraschten Jörg Odensass derart, dass der Ball vom Schienbein des Ex-Vellmarers neben das Tor trudelte.
Nein, es war wirklich nicht der Abend der Löwen!
Als dann Carsten Schönefeld per Freistoß (in die Mauer) und Thorsten Bauer auch allerletzte Torchancen ungenutzt liessen, war die erste Oberliga-Auswärtsniederlage in 2004 besiegelt.
Neben den Punkten waren dann anschließend auch noch bei den meisten Spielern Handys, Bargeld, Wertsachen und gar zwei Paar Fußballschuhe weg. Die Polizei nahms zu Protokoll, der Schiedsrichter in den Spielberichtsbogen auf und Klassenleiter Keller zur Kenntnis.
Bemerkung am Rande: bereits gegen Ober-Roden kam es in Erzhausen zu ähnlichen Diebstahl-Vorfällen.
Jedenfalls verzögerte sich durch die Polizei-Vernehmung die Heimfahrt des KSV Hessen, wo jeder nach Rückkehr um Mitternacht wusste..."ein Unglück kommt selten allein".


<b>Trainer-Stimmen zum Spiel:</b>

Hans-Ulrich Thomale: "Ich möchte erst Mal Erzhausen zum Sieg gratulieren. In den ersten zwanzig Minuten haben wir das Spiel dominiert. Dabei wurde uns ein klarer Elfmeter versagt. Mit einer 1:0-Führung hätten wir besonders in diesem Spiel einen psychologischen Vorteil gehabt. Nach dem 0:2-Rückstand hat die Mannschaft Moral und Willen gezeigt, uns fehlte jedoch das Glück zum Ausgleich. Ich ziehe normalerweise nicht über den Schiedsrichter her, doch Keims rote Karte ist nicht nachvollziehbar und was der Schiedsrichter in diesem Spiel mit Julio Cesar gemacht hat, ist eine Frechheit. Wir müssen in Deutschland viel mehr unsere Stürmer schützen."

Thomas Epp (SV Erzhausen):
"Von unserer Mannschaft ist eine Last gefallen. Nach dem 2:0 haben wir versäumt bei unseren Kontern das dritte und vierte Tor zu machen, so dass wir uns noch durchzittern mussten. Bei Keim das sehe ich auch nicht als rote Karte".

SV Erzhausen: Reichel - Giersch, Pereira, Schulz - Riedl, Maier, Ispir (87. König), Guerrera - Isaac Ojigwe (90. Andreas Anicic), Pavlovic (66. Simon). Trainer: Epp.

KSV Hessen: Zeljko - Radler, Schönewolf, Keim - Tews, Tecihmann (65. Nebe), Chalaskiewicz, Rudolph (72. Schönefeld) - Beyer (55. Odensass), Bauer, Cesar.
Trainer: Thomale.
Schiedsrichter: Viktora (Siegbach) - Zuschauer: 500
Tore: 1:0 Bradasch (33.), 2:0 Pereira (47.), 2:1 Bauer (80.)
Rote Karte: Keim (Foulspiel, 75.)


<i>Von Herbert Pumann aus Erzhausen

Foto (Jürgen Pfliegensdörfer): Nico Radler nach der Niederlage am Boden zerstört.</i>

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Aufstellung

Veröffentlicht: 01.09.2004

© KSV Hessen Kassel e.V.
Datum des Ausdrucks: 06.10.2024