Der KSV braucht am Sonntag ein kleines Fußballwunder gegen die KSV. Oder anders: Der Kasseler Sportverein Hessen muss beim Rückspiel im Auestadion einen Zwei-Tore Rückstand gegen die Kieler Sportvereinigung Holstein aufholen. „Eine Halbzeit in der Relegation ist vorbei, nun haben wir noch eine zweite“, machte Löwen-Trainer Uwe Wolf direkt nach dem Schlusspfiff Mut. Zwei Tore müssen aufgeholt werden, allerdings hat der KSV Hessen auch seine eigenen Anhänger im Rücken. „Wir bauen auf unsere tollen Fans, so Wolf. Die Kulisse muss allerdings auch nachsichtig sein: Der Offensivbereich von Kiel ist derart stark, dass die Löwen den Rückstand nicht mit einem unbändigen Sturmlauf aufholen können. Vielmehr werden die Kasseler Spieler am Sonntag mit Geduld und Köpfchen die Kieler Schwächen nutzen müssen. Denn auch die hat der KSV Holstein trotz einer bärenstarken Leistung am Mittwochabend gezeigt. „Wir haben nun drei Tage Zeit, um unsere Lehren aus diesem Spiel zu ziehen“, weiß Wolf.
Vorweg: Mit dem 0:2 ist der KSV Hessen gut weggekommen. Das Spiel hätte auch 0:3 oder 0:4 ausgehen können. Gut für die Löwen, dass Kiel nach dem zweiten Treffer vorsichtiger wurde. So blieb der Offensiv-Orkan, der gegen Ende der ersten Halbzeit über den KSV Hessen hinweg fegte, über weite Strecken der zweiten Halbzeit aus. Aber: Obwohl sich Kiel weiter zurück zog und der KSV Hessen mehr Spielanteile gewann, blieben Chancen fast gänzlich aus. Im Gegenteil: Kiel wirkte im Konter weiter gefährlich.
Zeigte der KSV Hessen ein schwaches Spiel? Oder war Kiel so stark? Der herausragende Kieler Mittelfeldmotor Fiete Sykora gab nach dem Spiel zu Protokoll, das Holstein seine beste Saisonleistung gezeigt habe. „Wir haben überragend gespielt“ befand der Mann mit der Nummer 22. Und die Löwen? Unser Umschaltspiel hat nicht funktioniert“, stellte Uwe Wolf fest. „Nach vorne lief wenig und wir haben zu viele Bälle verloren“. Kiel fand immer wieder Lücken im Kasseler Deckungsverbund. Tim Siedschlag und Marc Heider im offensiven Mittelfeld sowie Stürmer Marcel Schied, der eine unglaubliche Laufleistung ablieferte, waren von den Löwen nicht in den Griff zu kriegen. Und zentral zog Sykora genial die Fäden.
Doch der Reihe nach. Die taktische Ausrichtung der Löwen versprach mutigen Fußball. Wolf ließ im gewohnten 4-2-3-1 spielen, allerdings wie schon in Idar-Oberstein mit Gabriel Gallus auf der zweiten Sechserposition. Dieser war naturgemäß offensiver eingestellt. So verschoben sich die Löwen öfter in ein 4-1-4-1.
Die ersten dreißig Minuten vom KSV Hessen waren durchaus noch ansprechend. „Das war ganz ordentlich“, bilanzierte Wolf. Dennoch hatten die Abwehrkette und Torwart Carsten Nulle auch in dieser Phase immer wieder Schwerstarbeit zu verrichten. Nach der zweiten Ecke kratzte Nico Hammann nach nur drei Minuten einen Schuss von Schied von der Linie. In der zwölften Minute tauchte Schied nach Siedschlags Flanke frei vor Nulle auf, köpfte aber über das Tor. Auf der anderen Seite knallte „Bobo“ Mayer einen Freistoß aus rund 23 Metern auf das Kieler Tor, der aber von Niklas Jakusch entschärft wurde (23.). In der 30. Minute ging Kiel in Führung: Kassel war nach einem Ballverlust im Mittelfeld plötzlich in Unterzahl, Matthias Rahn rutschte auf dem regennassen Rasen weg und Sykora ließ Nulle keine Abwehrchance.
Nach diesem Tor wurde es im stimmungsvollen Holstein-Stadion noch lauter. Die Kieler-Fans peitschten ihre Mannschaft leidenschaftlich nach vorne, während der KSV Hessen kräftig ins Schwimmen geriet. Siedschlag (39.) und Sykora (43.) hatten weitere gute Möglichkeiten, die Löwen hatten in dieser Phase Glück, kein weiteres Tor kassiert zu haben. Es gab keine Entlastung mehr, die Bälle gingen bereits im Spielaufbau verloren.
Im zweiten Durchgang wurde es nicht besser. Nach einer Ecke wehrte die Kasseler Abwehr zwar ab, doch der Ball landete direkt bei Siedschlag. Dessen Flanke verwertete Außenverteidiger Fabian Wetter fünf Meter vor dem Tor stehend zum 2:0 (51.). Es sah schlecht um die Löwen aus. Gut, dass Innenverteidiger Stefan Müller und Torwart Carsten Nulle einen starken Tag erwischt hatten und neben dem unermüdlich kämpfenden Andreas Mayer die stärksten Löwen waren. In der 67. Minuten rettete Nulle erneut gegen Schied. „Er hat uns glänzend im Spiel gehalten“, lobte Uwe Wolf seinen Keeper. Der Kieler Angriffswirbel flaute nun etwas ab, Holstein zog sich etwas zurück, um kein Gegentor mehr zu riskieren. Der KSV Hessen gewann mehr Feldanteile, freilich ohne dabei Torchancen zu generieren. Allein ein Freistoß von Hammann (74.) ließ die 1000 KSV-Fans auf ein Erfolgserlebnis hoffen, doch Jakusch boxte den Ball noch zur Ecke. Positiv: Einen weiteren Treffer kassierte der KSV Hessen nicht mehr, bis Schiedsrichter Robert Kempter überpünktlich das Spiel beendete.
Oliver Zehe
Holstein Kiel: Jakusch – Herrmann, Gebers, Hartmann, Wetter – Krause, Kazior – Siedschlag, Sykora, Heider (80. Pressel) – Schied (73. Lindner).
KSV Hessen: Nulle – Hammann, Rahn, Müller, Becker – Gaede, Gallus – Schmeer, Pinheiro, Mayer – Henel (77. Dawid). Ersatzbank: Schlöffel – Dieck, Gül, Marz, Riske, Schumann.
Zuschauer: 9.382 (ausverkauft) SR: Robert Kempter (Sauldorf)
Tore: 1:0 Sykora (30.), 2:0 Wetter (51.).
Gelbe Karten: Wetter – Mayer, Rahn.
Veröffentlicht: 29.05.2013