Der Traum ist ausgeträumt

KSV Hessen - TSG Wörsdorf 1887 0:1 (0:0)
Aus der Traum! Meisterschaft ade, der angepeilte Regionalliga-Aufstieg bleibt zurück als eine schöne ferne Zukunftsvision. Der KSV Hessen hat sich mit einer blamablen 0:1-Niederlage gegen den Abstiegskandidaten TSG Wörsdorf selbst aus dem Titelrennen der Fußball-Oberliga gekegelt.
Schluss mit den Durchhalteparolen, Ende auch mit dem Hinweis auf die neun noch folgenden Punktspiele, in denen noch viel passieren kann. Alles Schönreden hilft nichts mehr. Die Zahlen und Fakten sind eindeutig, und sie sprechen klar gegen die Kasseler Ambitionen. Die Vorstellung der einst so stolzen Löwen war im Auestadion derart dürftig, dass sich der Klubvorstand noch am Samstag Abend zu einer Sitzung traf, um Konsequenzen aus dem sportlichen Niedergang zu ziehen.

Was war schief gelaufen? Viel, für den KSV zu viel. Darum ist es auch einfacher, erst einmal die positiven Aspekte dieses denkwürdigen Nachmittags aufzuzählen.

Da war die brav und bieder ihren schnörkelosen Konterfußball präsentierende Wörsdorfer Mannschaft, die dem KSV nicht nur kämpferisch, sondern auch in der taktischen Ausrichtung und Raumaufteilung überlegen war. Da bewies mit dem souverän leitenden Schiedsrichter Stefan Reuß aus dem Sportkreis Witzenhausen wenigstens ein Nordhesse Oberliga-Spitzenformat.

Und schließlich zeigte auch Löwen-Torhüter Zoran Zeljko in der Stunde der bitteren Wahrheit genug Courage, das Problem beim Namen zu nennen. „Man muss gnadenlos sagen, das ist das endgültige Aus für uns. Wir haben in den ersten 45 Minuten gespielt, als wäre das heute ein Freundschaftsspiel“, klagte der Torsteher nach dem Schlusspfiff über den mangelhaften Siegeswillen. Zeljko selbst war Opfer der Lethargie im KSV-Spiel, denn das verdiente Siegtor für die Wörsdorfer erzielte Neidhardt völlig freistehend erst im dritten (!) Nachschuss (59.). Die Abwehr der zahnlosen Löwen ließ das in aller Seelenruhe zu.

Doch die Mängelliste beim aus der Bahn geschleuderten Titelaspiranten war bedeutend länger. Und sie begann eigentlich schon bei der taktischen Ausrichtung der Anfangsformation. Dass ein Marco Mason, der bislang auf der linken Seite eingesetzt worden war, plötzlich als Rechtsaußen auftauchte, war schon verwunderlich. Ebenso wie die Tatsache, dass der diesmal überzeugende Soner Dayangan, der in Eschborn als Einwechselspieler für viel Schwung gesorgt hatte, diesmal von Beginn an auf dem Platz stand.

Doch das allein war nicht spielentscheidend. Viel schlimmer war das zwar bemühte, aber doch leidenschaftslos und konfus vorgetragene Spiel der Platzherren. Eine Anhäufung von Zufallprodukten. Ohne Ordnung, ohne Linie. Kein Spielmacher da, der den Weg aus dem Dilemma aufzeigte. Kapitän Andreas Mayer hat momentan nicht die Form und Dynamik dazu. Der kopfballstarke Andre Breitenreiter, in Eschborn erfolgreicher Ballverteiler, hängt als Angriffsspitze ohne Flanken in der Luft.

So blieb das KSV-Spiel lange ein Torso und bekam erst nach der Doppel-Einwechslung von Bauer und Steffen etwas vom Sturm und Drang früherer Tage. Zur Wende reichte das allerdings nicht.

Über die paar Minichancen hüben wie drüben Worte zu verlieren ist müßig. Fest steht nach der erneuten Pleite, dass es KSV-Trainer Oliver Roggensack nach der Winterpause nicht gelungen ist, aus den Stammspielern und Neuzugängen ein schlagkräftiges, selbstbewusstes Team zu formen. Mischung und Taktik stimmen nicht überein. Dass daraus persönliche Konsequenzen für ihn entstehen könnten, glaubt Roggensack nicht. „Bislang sehe ich, dass der Verein mit mir verlängern will. Wenn der Vorstand meint, ich bin nicht der richtige Mann, dann muss er mir das sagen“, erklärte der junge Coach. Der Vorstand wird sich wahrscheinlich schon am Sonntag zu Wort melden.


<i>Von Rolf Wiesemann

(HNA-Sportredaktion, 29.03.03)</i>


KSV Hessen: Zeljko - Krause, Dietrich, Radler - Mayer, Stock, Kayacik (57. Bauer), Mason, (57. Steffen), Dayangan - Cesar, Breitenreiter

TSG Wörsdorf: Lorz - Brox, Hacker, Jung - Heiser, Neidhardt (83. Medack), Rapp, Niere, Daga - Messinese ((87. Losito), Flindt

Zuschauer: 2.000. Schiedsrichter: Stefan Reuß (Witzenhausen)

Tore: 0:1 Neidhardt (59.)

Aufstellung

Veröffentlicht: 29.03.2003

© KSV Hessen Kassel e.V.
Datum des Ausdrucks: 24.04.2025