Den Langzeit- Löwen und Freunden sowie langjährigen Zimmerkollegen (bei Auswärtsspielen mit Übernachtung) Thorsten Schönewolf und Christoph Keim blieben vor 3.100 Zuschauern im altehrwürdigen Stadion am Böllenfalltor die KSV- Treffer vorbehalten. Mit seinem ersten Saisontor köpfte der (dienst-) älteste Löwe Thorsten Schönewolf eine präzise Eckball- Hereingabe von links durch Kevin Wölk aus wenigen Metern zum 1:1 (17.) ins Netz, ehe in der 90. Minute eine Co- Produktion zweier weiterer Löwen aus dem Mannschafts- Rat den letztendlich hochverdienten, wenn auch vom Zeitpunkt her glücklichen, 2:2- Endstand bescherte. Über den eingewechselten Harez Habib und feine Weiterleitung von René Ochs wurde der starke Enrico Gaede links im Strafraum frei gespielt. Der 26jährige Routinier behielt die Übersicht und bediente per Querpass am Fünfmeterraum Linksverteidiger Christoph Keim. Und der 27jährige, einer der torgefährlichsten Abwehrspieler der Liga, bugsierte die Lederkugel irgendwie über Torhüter Rainer Adolf. "Ich habe mit dem linken Fuß den Ball an meinen rechten Fuß geschossen und dann war er drin," so Christoph Keim später über sein bereits zweites Saisontor.
Zum Spiel und zur Hessenderby- Chronologie:
Beide Trainer nahmen gegenüber den Startformationen gegenüber der Vorwoche nur je eine Veränderung vor. Bei den Gastgebern kehrte Kapitän Daniel Rasch wieder in die Abwehr- Viererkette, während Christian Remmers zunächst auf der Bank Platz nahm. Beim KSV Hessen kam nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Innenverteidiger Mentor Latifi (Innenbandanriss im Knie) Neuzugang Marcel Stadel zu seinem ersten Liga- Einsatz von Beginn an. Nach anfänglicher Nervosität steigerte sich der 21jährige im Spielverlauf und lieferte eine ordentliche Partie ab.
Fast wäre Kassels Nr. 23 sogar ein Tor gelungen, doch nach dem Eckball von Kevin Wölk, verfehlte Marcel Stadel aus günstiger Position per Kopf knapp das Gehäuse der Gastgeber (37.). Sein Nebenmann Thorsten Schönewolf hatte es da in der 17. Spielminute besser gemacht, als der 35jährige sich am ersten Pfosten hochreckte und nach einem präzisen Eckball von Kevin Wölk die Unentschlossenheit der Darmstäder Abwehr zum 1:1 und seinem ersten Saisontor nutzte. Davon blieben die Lilien jedoch unbeindruckt und machten da weiter wo sie vom Anpfiff weg von Schiedsrichter Stefan Schlott aus Marktl/Bayern angefangen hatten. Sichtlich beflügelt vom letzten (ersten) Heimsieg über Eintracht Bamberg, als sich die bis dato torarmen „Blauen" (zwei Tore in fünf Spielen) beim 5:2 in Torlaune präsentierten, sowie dem Punktgewinn beim TSV 1860 München II vor einer Woche, legten die Lilien furios los.
Allen voran der 22jährige Rudi Hübner, der über links kommend seine Schnelligkeit ausspielte und viel Tordrang demonstrierte. Bereits nach vier Minuten war Darmstadts Nr. 14 davon gezogen und KSV- Keeper Dennis Lamczyk musste sein ganzes Können aufbieten, um nach zwei Mal zu Null in den vorangegangenen Spielen weiterhin ohne Gegentor zu bleiben. Als die Gastgeber dann jedoch über die rechte Seite frei durch kamen, Simon Schmidt klug passte und Nikola Jovanovic aus Nahdistanz nurmehr einschieben brauchte, war auch der 21jährige KSV- Rückhalt bezwungen (12.). Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich durch KSV- Kapitän Thorsten Schönewolf, krönte dann Youngster Hübner seine herausragende Vorstellung in der Hessenderby- Auftaktphase. Der von Viktoria Griesheim zu den Lilien gekommene Offensivakteur traf frei vor Dennis Lamczyk zum zu diesem Zeitpunkt verdienten 2:1 (21.). Die Partie wurde fortan härter und nicklicher und den Löwen machte die harte Gangart der Gastgeber (Mitte der ersten Hälfte drei gelbe Karten wegen Foulspiels binnen neun Minuten!) zu schaffen.
Bauer- Drehung blieb ungekürt
Was geschaffen, wenn es beim KSV Hessen mal in einer Phase nicht so läuft, hat meist urplötzlich Hoffnungsträger Thorsten Bauer. Wie vor einer Woche beim Führungstor mit dem Pausenpfiff, hebelte der seit einer Woche 31jährige Torjäger in seiner unnachahmlichen Art per „Bauer- Drehung" die gesamte Darmstädter Hintermannschaft aus, ehe im letzten Moment der aufmerksame SV- Schlussmann Rainer Adolf Endstation war (30.). Auf der Gegenseite musste die KSV- Hintermannschaft neben dem agilen Außenstürmer Rudolf Hübner auch auf die weiten Einwürfe von Sebastian Szikal aufpassen, wobei es beim 2:1- Pausenstand blieb.
Nach dem Seitenwechsel brachte Trainer Mirko Dickhaut Florian Heussner, der die Wirkungskraft von Rudi Hübner entscheidend einschränkte und bei einem Darmstädter Konter ebenso ein Mal in höchster Not rettet wie Marcel Stadel. Doch selbst wenn die Gastgeber durchaus ihre Kontergelegenheiten hatten und es dabei mitunter am finalen Pass oder der Durchschlagskraft fehlen liessen, wurde die Überlegenheit der Löwen in der zweiten Halbzeit deutlich. Mit dem spielstarken Harez Habib für Kämpfernatur Sebastian Busch wurden die Offensivaktionen der Löwen nunmehr druckvoller. Doch es schien wie ein Fluch. Auch beim stets anspielbaren und unermüdlichen Thorsten Bauer, der es per Flachschuss aus der Distanz (54.) oder mit dem Hinterkopf nach Wölk- Freistoßhereingabe (58.) probierte, doch sein erstes Auswärtstor wollte einfach nicht fallen.
Kassels Nr. 3 im dritten Anlauf


Foto: Ulrich Roth
Als sich der KSV- Torschütze vom Dienst (sieben Saisontreffer) dann unaufhaltsam im Strafraum durchtankte, wurde die Nr. 10 der Löwen - wie vor der Pause - gekonnt vom herauseilenden Torhüter Rainer Adolf gestoppt (80.). Drei Mal probierte es auch ein weiterer Langzeit- Löwe: Christoph Keim. Der kopfballstarke Defensivspieler, bekannt für seine Torgefährlichkeit, zirkelte zunächst vom Strafraum die Lederkugel nur knapp am Tor vorbei (76.), nahm dann einen weiten Ball von Dreh- und Angelpunkt Kevin Wölk lehrbuchhaft mit der Brust im Strafraum mit, um wenige Meter vor und von Torhüter Rainer Adolf beim Torabschluss gebremst zu werden (82.).
Doch aller guten Dinge waren drei bei Kassels Nr. 3! Die Löwen versuchten es mittlerweile mit der Brechstange, Trainer Mirko Dickhaut hatte mit Allrounder Slava Petrukhin für weiteren Druck auf des Gegners Tor gesorgt und hinten auf Dreier- Abwehr umgestellt. Wobei es eben erwähnten Christoph Keim stets nach Vorne zog. So auch in der Schlussminute. Eine symtomatische Szene und Aktion für die Moral der Löwen und jenen Geist, der ja auch die 2. Mannschaft in der Hessenliga auszeichnet, stets bis zur letzten Minute an sich zu glauben! Harez Habib hatte sich bereits an des Gegners Strafraum einen misslungenen Querpass geleistet, doch der 26jährige setzte nach und so kam der Ball doch noch zu René Ochs halblinks an der Strafraumgrenze.
Christoph Keim per Doppelpass mit sich selbst zum Tor
Der 24jährige Flügelflitzer, der in der 79. Minute elfmeterreif im gegnerischen Strafraum am Trikot fest gehalten wurde und kurz darauf beim Gegenzug mit energischem Einschreiten die Entscheidung zum 3:1 verhindert hatte (82.), spielte im richtigen Moment Enrico Gaede links im Strafraum frei. Der 26jährige Ex- Bundesligaprofi erinnerte sich wohl daran, dass die Löwen mit ihm noch kein Spiel verloren haben und passte klug quer, wo im Sturmzentrum Christoph Keim auf kuriose Art vollendete. Mit seinem starken linken Schussbein schießen wollend, traf der Blondschopf seinen rechten Schlappen, was den tapferen Torhüter Rainer Adolf verwirrte, überwand und dabei machtlos werden ließ. Welch ein Tor! Nach der (unberechtigten) gelb-roten Karte beim letzten Auswärtsspiel in Heidenheim, machte somit Christoph Keim wieder mal in der Schlussphase von sich reden.


Foto: Ulrich Roth
Fazit: nach dem 5:0-Heimerfolg gegen den TSV Großbardorf, der nicht überzubewerten war, weil nach dem 2:0-Elfmetertor kurz nach der Pause und des Gegners Platzverweis die Gäste den Löwen unfreiwillig „in die Karten spielten", ein auf Grund der zweiten Halbzeit sicher verdienter, doch auch glücklicher Punktgewinn am Böllenfalltor. Wie schon zuletzt im Auestadion brauchte die junge, neu formierte KSV- Mannschaft auch im zweikampfintensiven Hessenderby eine lange Anlaufzeit, um ihre fußballerischen Möglichkeiten zu zeigen. Wenn diese willensstarke, von guter Moral geprägte Mannschaft, weiter an sich arbeitet und an Kontinuität gewinnt, wird sie ihren Weg gehen!
Und...: Tore in letzter Minute, zumal im Wiederholungsfall, sind nicht etwa purer Zufall und nur Glück...!
Herbert Pumann
KOMMENTARE DER TRAINER AUF DER PRESSEKONFERENZ
Mirko Dickhaut (KSV Hessen): "Ich bin glücklich und zufrieden. Wir haben uns das 2:2 und den Punkt auf Grund der zweiten Halbzeit redlich verdient und wieder Mal Moral gezeigt."
Gerhard Kleppinger (SV Darmstadt 98): "Wir wußten, dass es ein schweres Spiel für uns wird. In der ersten Halbzeit haben wir unsere beste Saisonleistung gezeigt und uns trotz des Gegentores nicht aus dem Rhytmus bringen lassen. In der zweiten Halbzeit haben wir zu tief gestanden und den letzten Pass fehlen lassen. Kassel war die zweite Halbzeit spielüberlegen. Ärgerlich für uns, dass der Ausgleich in der letzten Minute fiel. Meine Mannschaft hat alles gegeben."
SV Darmstadt 98: Adolf - Szollar, Neumann, Rasch (C), Bodnar - Szikal - Schmidt, Jovanovic, Hübner - Baufeldt, Eidelwein. Trainer: Gerhard Kleppinger.
Eingewechselt: 67. Kienast für Baufeldt, 77. Remmers für Schmidt, 86. Pellowski für Szikal.
Bank: Fromm (ETW), Hess, Weber, Nguyen
KSV Hessen Kassel: Lamczyk - Möller, Schönewolf (C), Stadel, Keim - Busch, Gaede - Tornieporth, Wölk, Ochs - Bauer. Trainer: Mirko Dickhaut.
Eingewechselt: 46. Heusssner für Möller, 56. Habib für Busch, 77. Petrukhin für Stadel
Bank: Wiegand (ETW), Barak, Lenz, Bravo Sanchez.
Schiedsrichter: Stefan Schlott (Marktl/Bayern) - Zuschauer: 3.100
Tore: 1:0 Jovanovic (12.), 1:1 Schönewolf (21., Eckball Wölk), 2:1 Hübner (21.), 2:2 Keim (90., Vorabeit Gaede/Ochs)
Gelbe Karten: Baufeldt (27., Foulspiel), Bodnar (33., Foulspiel), Rasch (36., Foulspiel), Schmidt (74., Foulspiel) - Gaede (63., Foulspiel - Anm.: 3. GK)
Veröffentlicht: 04.10.2008